Mitreißende Kompositionen: „Grafin Mariza“ am Theater Magdeburg

Habt ihr schon einmal von der Operette „Gräfin Mariza“ von Emmerich Kálmán gehört? Nein? Nun, viele andere schon. Zumindest dem etwas herangewachsenen Publikum dürfte diese Operette ein Begriff sein. Das kann man feststellen, wenn man die Inszenierung von Oliver Klöter im Magdeburger Opernhaus besucht. Mag diese Produktion vielleicht zu einer der erfolgreichsten Programmpunkte der aktuellen Spielzeit im Musiktheater werden?

Gräfin Mariza (Noa Danon/Raffaela Lintl) ist bei dem starken Geschlecht ein Objekt der Begierde. Möglicherweise liegt das nicht nur an ihrer Schönheit, sondern auch an ihrem Vermögen. Um dem Heiratsdruck zu entkommen, erfindet die Gräfin einen Verlobten, den sie Zsupán nennt. Diese freudige Nachricht gibt sie der Presse bekannt. Doch auf einmal erscheint jemand, der wirklich Zsupán heißt. Der Baron Koloman Zsupán (Johannes Wollrab) möchte seine Braut genauer unter die Lupe nehmen und redet sich ein, dass er in sie verliebt sei. Aber bei Mariza herrscht Gefühlschaos. Sie hat nämlich ein Auge auf ihren Verwalter Tassilo Endrödy-Wittemburg (Stephen Chaundy) geworfen…

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Gräfin Mariza (Raffaela Lintl, Mitte) fühlt sich von ihrem Verwalter Tassilo (Stephan Chaundy, rechts) hintergangen. Sie entlässt ihn in aller Öffentlichkeit.; Foto: Nilz Böhme

In Oliver Klöters Inszenierung der „Gräfin Mariza“ wird man gleich mehrmals verzaubert. Allein das Bühnen- und Kostümbild von Jason Southgate versetzt die Zuschauer in eine zeitlose Atmosphäre. Es versprüht alles einen Hauch aus einem „Rosamunde Pilcher“-Film, gemischt mit Elementen aus dem viktorianischen Zeitalter und Steampunk. Trotzdem schaffen Klöter und Southgate es, dass die Produktion nicht karnevalistisch und zu überladen aussieht. Die verschiedenen Kulissen und Kostüme hinterlassen Eindruck bei den Besuchern der Operette.

Geprägt ist diese Inszenierung ganz klar von der Magdeburgischen Philharmonie, die unter der musikalischen Leitung von Pawel Poplawski steht. Eindringliche Mollklänge mit ganz viel Gefühl treffen direkt ins Herz. Aber auch Csárdás, Foxtrott, Shimmy und Walzerklänge sorgen dafür, dass das Publikum nicht vollends still auf ihren Plätzen sitzen kann. Poplawski und die Magdeburgische Philharmonie nehmen die Rezipienten mit auf eine Reise voller Romantik und Sehnsucht. Außerdem mit dabei: der Opernchor des Theaters. Dieser erweist sich erneut als unverzichtbar. Die Künstler bringen kraftvolle Stimmen mit, die manchmal sogar stärker als das Orchester selbst sind und sogar an einigen Stellen die Hauptprotagonisten übertönen.

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Gräfin Mariza (Raffaela Lintl) versucht ihrem Verwalter Tassilo (Stephen Chaundy) langsam deutlich zu machen, dass sie Gefühle für ihn hat.; Foto: Nilz Böhme

In der zweiten Vorstellung der „Gräfin Mariza“ wird eines ganz klar deutlich: Es handelt sich um eine Produktion, die ganz viel Ohrwurmpotential aufweist und die sich schon bei vielen Besuchern einen Namen gemacht haben muss. Neben den Akteuren auf der Bühne hört man aus dem Publikum deutlich mitsingende Menschen heraus. Schaut man sich genauer um, kann man feststellen, dass nicht nur mitgesungen, sondern auch mitgeschunkelt wird. Glitzernde Augen hängen förmlich an dem Geschehen auf der Bühne. Vor allem können die Zuschauer nicht die Augen von Raffaela Lintl lassen, die an diesem Nachmittag die Titelrolle sang und spielte. Die Sopranistin verkörpert die Mariza mit viel Anmut. Sobald sie allein unter Menschen ist, denen sie vertraut, wird sie bescheiden. Trotzdem wirkt sie immer ein wenig unnahbar. Sie genießt die Menschen mit Vorsicht, was sie sehr sympathisch macht.

Sobald man den Namen Peter Wittig im Programmheft findet, kann man davon ausgehen, dass sich der Besuch einer Vorstellung alleine wegen ihm lohnen würde. Und genau so soll es auch in dieser Operette der Fall sein. Nicht umsonst ist Wittig seit Jahren ein absoluter Publikumsliebling in Magdeburg. Als Diener Tschekko zeigt er wieder einmal, dass er für komödiantische Rollen geboren wurde und es für ihn ein Kinderspiel ist, die Zuschauer zum Lachen zu bringen.

Auch Stephen Chaundy als Graf Tassilo prägt diese Operette mit seiner Aura. Er hält nicht viel von seinem Adelstitel und legt offenbar keinen Wert auf ihn. Nicht umsonst bittet er seine Schwester Lisa darum, dass sie Mariza nichts davon verrät. Apropos Lisa: Diese wird von Isabel Stüber Malagamba gespielt und gesungen. Wenn man Stüber Malagamba mit nur einem Wort beschreiben sollte, dann wäre es wahrscheinlich „großartig“. Sie ist ein absolutes Energiebündel und man spürt förmlich, wie viel Spaß sie mit dieser Rolle hat und wie wohl sie sich auf der Bühne fühlt. Aber auch Johannes Wollrab als Baron Koloman Zsupán ist ein unverzichtbarer Bestandteil dieser Produktion. Sobald er ins Scheinwerferlicht tritt, muss man im Publikum automatisch grinsen. Vor allem glänzt er zusammen in den Duetten mit Stüber Malagamba. Beide zusammen ergeben ein absolutes Dreamteam. Sobald es Richtung Finale geht, beansprucht Sven Walser als Kammerdiener Penižek nochmal die Lachmuskeln der Besucher und schnürt den Sack zu, sodass die Produktion mehr als gelungen sein sollte.

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Nachdem Mariza (Raffaela Lintl, Mitte) ihren Verwalter entlassen hat, fängt sie selbst mit der Arbeit an. Dabei vergisst sie den Spaß am Leben nicht und legt zusammen mit Fürst Moritz Dragomir Populescu (Manfred Wulfert) und Baron Koloman Zsuspán (Johannes Wollrab) ein Tänzchen hin.; Foto: Nilz Böhme

Die Operette „Gräfin Mariza“ in der Regie von Oliver Klöter im Opernhaus erweist sich als unverzichtbarer Programmpunkt im Musiktheater der Spielzeit 2018/2019. Die Produktion beinhaltet nicht nur eindrucksvolle Klänge der handelnden Protagonisten und der Magdeburgischen Philharmonie, sondern auch Bühnenbilder und Kostüme, die einem im Gedächtnis bleiben. Neben den kraftvollen Stimmen, die einen verzaubern, gibt es auch noch eine ordentliche Portion an Komik obendrauf, ohne dabei zu übertreiben. Dazu verankern sich die Kompositionen Kálmáns zusätzlich im Gedächtnis. Mindestens ein Ohrwurm wird man definitiv mit nach Hause nehmen.

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