In der vergangenen Spielzeit feierte Yasmina Rezas „Kunst“ in der Inszenierung von David Schliesing große Erfolge am Theater Magdeburg. Ein Jahr später bringt er Rezas Komödie „Drei Mal Leben“ auf die Bühne. Kann Schliesing mit dieser Produktion erneut für ausverkaufte Vorstellungen sorgen?
Das Ehepaar Sonja (Iris Albrecht) und Henri (Zlatko Maltar) haben verschiedene Vorstellungen von Kindererziehung. Das sorgt regelmäßig für Unstimmigkeiten im Haus. Kein Wunder, dass die Situation zu eskalieren droht, als Henri seinen renommierten Astrophysiker-Kollegen Hubert (Uwe Fischer) und seine Frau Ines (Susi Wirth) zum Abendessen einlädt, diese aber einen Tag früher als geplant vor der Tür stehen. Die letzten Knabbereien und alkoholischen Getränke werden zusammengekratzt, um gute Miene zu machen. Dazu kommt noch, dass der Sohn von Henri und Sonja quengelt und Hubert dem mäßig erfolgreichen Henri eine weniger gute Nachricht überbringt. Wie dieser Abend aussehen könnte, wird in drei verschiedenen Variationen gezeigt.

Die Kunst von Reza-Stücken ist es, dass es sich meistens immer um Kleinigkeiten handelt, die dazu beitragen, eine Situation zum Brodeln zu bringen. So auch in „Drei Mal Leben“. David Schliesing zeigt erneut, dass ihm die Inszenierungen von französischen Komödien liegen. Er betrachtet in den drei verschiedenen Variationen des Abends die auftauchenden Probleme aus unterschiedlichen Blickwinkeln. Obwohl der Fokus immer auf die Ausgangsposition gelegt wird, könnten die Verläufe verschiedener nicht sein. Durch die männlichen Hauptprotagonisten wird auch noch ein Thema aufgemacht, welches skurrile Diskussionen zwischen den Frauen eröffnet. Genau diese Dialoge sorgen für eine unerwartete Komik, da weder die zwei Damen des Stückes, noch das Publikum zum Großteil versteht, worum es wirklich geht. Da rücken die Erziehungsmethoden und Eheprobleme fast in den Hintergrund.
Zlatko Maltar verkörpert den ausgelaugten Astrophysiker Henri. Während er versucht seinem Sohn vor dem Schlafengehen jeden Wunsch zu erfüllen, schreibt er noch eine wichtige Arbeit, die ihm zum erneuten Erfolg verhelfen könnte. Doch er trägt Zweifel in sich und versucht sich mit seinem geschätzten Kollegen Hubert gut zustellen, der für ihn ein einflussreiches Wort einlegen könnte. Doch als er merkt, dass seine Chancen auf mehr Anerkennung sinken, verwandelt er sich in eine tickende Zeitbombe. Maltar brilliert mit seinen hysterischen Wutanfällen und der Situationskomik. Er verdrängt immer wieder, dass seine Frau nur noch Augen für Hubert hat und seine Ehe allmählich den Bach runtergeht. Uwe Fischers Hubert hingegen gibt sich als adretten Mann von Welt. Die Beförderung gibt ihm nochmal einen zusätzlichen Push und er geht mit stolz geschwellter Brust durch die Gegend. Er genießt die Blicke von Sonja und spielt bei ihr mit seinem Charme. Andererseits ist er ein Kontroll-Freak und hinterfragt jede Äußerung seiner Frau und stellt sie gar vor Henri und Sonja bloß. Ihm wäre es recht, wenn Ines gar nicht erst den Mund aufmachen würde. Und so geht auch er wegen jeder Kleinigkeit an die Decke. Fischer fühlt sich sichtlich wohl in dieser Rolle.

Auch Iris Albrecht zeigt wieder, dass ihr Komödien liegen. Sie hat als Mutter und arbeitende Frau viel um die Ohren. Bei ihr reißt dementsprechend auch schneller der Geduldsfaden als bei Henri. Dennoch ist sie bodenständig und würde sogar ihren Gästen im Morgenmantel die Tür öffnen. Obwohl sie Herzen in den Augen hat, sobald sie Hubert erblickt, stärkt sie ihrem Mann dennoch den Rücken in Sachen Arbeit und Forschung. Trotzdem scheint sie nicht in der Lage zu sein, mit Henri über die typischen Eheprobleme zu reden, die sich auch in ihren Alltag eingeschlichen haben. Albrecht sorgt mit ihren verliebten Blicken und Sticheleien für einige Lacher. Mit Susi Wirth, die Huberts Frau Ines spielt, möchte man einfach nur Mitleid haben. Sie ist nicht die hellste Kerze auf der Torte und weiß das auch. Dennoch ist sie an den Dingen interessiert, mit denen ihr Mann sich tagtäglich beschäftigt. Außerdem zweifelt sie an den Erziehungsmethoden von Henri und Sonja und versucht ihnen Tipps zu geben. Das kommt weniger gut bei dem Paar und auch bei ihrem Mann an. Sie versucht ihren Kummer und ihren Frust mit Alkohol herunterzuspülen, scheitert aber daran. Wirth verleiht ihrer Figur eine Art Verlorenheit. Immer wieder geistert sie durch die Wohnung von Henri und Sonja und bemerkt immer mehr, dass man sich nicht sonderlich für ihre Meinung interessiert. Und trotzdem gibt sie weder klein bei, noch lässt sie sich von ihrem Mann den Mund verbieten. Letztendlich ist sie es, die offen auf die Probleme aufmerksam macht und damit bewirkt, dass die anderen Figuren ein wenig über ihre Handlungen nachdenken.
„Drei Mal Leben“ ist eine typische Reza-Komödie, die ihre handelnden Figuren immer durch Kleinigkeiten zum Schlagabtausch herausfordert. Das Vierer-Gespann Maltar, Albrecht, Fischer und Wirth passt hervorragend in dieses Stück und bringt viel Charme auf die Bühne des Studios. Auffällig ist trotzdem, dass hier weniger gelacht wird, als es bei „Kunst“ der Fall sein mag. Möglicherweise könnte diese Inszenierung bei einigen Zuschauern für ein wenig Enttäuschung sorgen. Doch wer das Grundprinzip Rezas kennt und mit französischen Komödien vertraut ist, der wird auch Gefallen an dieser Produktion von David Schliesing haben.