Alle Jahre wieder steht ein neues Weihnachtsmärchen im Programm des Magdeburger Theaters. 2019 soll „Ronja Räubertochter“ den Kindern die Zeit vor den Feiertagen versüßen. Ob dies der kulturellen Einrichtung auch in diesem Jahr wieder gelungen ist?
Die kleine Ronja (Carmen Steinert) wächst gut behütet bei ihrer Familie im Mattiswald auf. Bei ihren Alleingängen durch die Wälder stellt sie ihre Tapferkeit bei ihren Begegnungen mit Wilddruden und Graugnomen auf die Probe. Eines Tages begegnet sie Birk (Chris M. Nachtigall), der zusammen mit den verfeindeten Borkasons auf der anderen Seite der Burg lebt. Beide bauen ziemlich rasch ein Bruder-Schwester-Verhältnis zueinander auf. Doch einer sieht die Freundschaft der mutigen Kinder nicht so gern: Ronjas Vater Mattis (Peter Donath). Nachdem das Mädchen auch noch erfährt, dass sie die Tochter einer Räuberfamilie ist, reißt sie von Zuhause aus und zieht mit ihrem Kumpel in den Wald.

Foto: Nilz Böhme
Als letztes Werk von Astrid Lindgren wurde „Ronja Räubertochter“ ebenfalls zu einem Welterfolg. Nicht nur im Fernsehen, sondern auch auf den Bühnen sind die Abenteuer des mutigen Räuberkindes gern gesehen. So inszeniert Nicole Claudia Weber den Stoff, der von Barbara Hass für die Bühne bearbeitet wurde, in diesem Jahr als Weihnachtsmärchen am Theater Magdeburg. Dabei legt sie den Fokus komplett auf die Themen Familie, Freundschaft und Mut. In etwa 60 Minuten vermittelt sie mithilfe ihrer Protagonisten, welche Werte im Leben ausschlaggebend und dass die Verwandtschaft und Kumpels das höchste Gut sind. Die Drehbühne, die von Judith Leikauf und Karl Fehringer geschaffen wurde, nimmt die Zuschauer mit in die Mattisburg und in die Tiefen des Waldes. Aufgrund der vielseitigen Effekte werden immer wieder neue fantasievolle Stimmungsbilder erschaffen. Auch die Kostüme, die ebenfalls von den beiden Bühnenbildern stammen, sorgen für einen hippen Flair. Sie kleiden die Figuren in einem Mix der aktuellen Modetrends für Jugendliche und verleihen ihnen gleichzeitig einen leichten mittelalterlichen Look. So ist auch die Musik zu betrachten, für die Bettina Ostermeier verantwortlich ist. Diese versetzt sie mit rockigen Elementen und sorgt dafür, dass das Publikum sich die Melodie und die Texte schnell einprägen kann.
Die Rolle der Titelfigur wurde mit Carmen Steinert hervorragend besetzt. Sie schafft es mit ihrer Tapfer- und Klugheit die Rezipienten in ihren Bann zu ziehen. An ihrer Seite glänzt Chris M. Nachtigall als Birk Borkason. Besonders herausragend für seine Darbietung ist die Zerrissenheit, mit der sein Charakter gelegentlich zu kämpfen hat. Zusammen ergeben sie ein harmonisches Duo auf der Bühne. Susi Wirth verzaubert die Zuschauer als Ronjas Mutter Lovis. Sie verkörpert diese Rolle mit besonders viel Feingefühl, so wie es sich für ein sorgsames Elternteil gehört. Aber auch mit ihrer einzigartigen Stimme sorgt sie beim „Wolfslied“ für Gänsehautmomente. Mit Peter Donath hat das Theater einen Mattis gefunden, der sich als liebevoller und besorgter Vater ausgibt, gleichzeitig aber auch das Selbstbewusstsein und die Kaltschnäuzigkeit an den Tag legt, wie es sich für einen Anführer einer Räuberbande gehört. Der geheime Star der Produktion ist Philip Heimke. Als Glatzen-Peer hat er die meisten Lacher auf seiner Seite. So auch Christoph Förster als Borkas. Auch Frederik F. Günther als Klein-Klipp schafft es, sich in das Gedächtnis der Besucher zu spielen und erheitert sie mit pantomimischen und musikalischen Einlagen. Sogar der Statisterie fliegen die Herzen der Gäste zu. Damit beweist Weber, dass sie ein Stück auf die Bühne gebracht hat, von dem alle gleichermaßen profitieren.

Foto: Nilz Böhme
Obwohl die Inszenierung geglückt ist, ist es fraglich, ob die Bezeichnung als „Weihnachtsmärchen“ im herkömmlichen Sinne wirklich angebracht ist. Für eine Produktion, die für Kinder ab fünf Jahre gedacht ist, gibt es einige Stellen, welche die jungen Menschen zum Gruseln bringen. Vor allem das Auftreten der Graugnome und der Druden lässt den ein oder anderen kleinen Zuschauer erschaudern, wie am Tag der Premiere zu beobachten ist. Deswegen sollten Eltern, deren Sprösslinge etwas ängstlicher sind, starke Nerven mitbringen. Zugleich fällt auf, dass in diesem Jahr die Interaktion mit den Kids fehlt. Dies ist zwar kein Muss, doch an einigen Stellen, wo es sich anbieten würde, die Zuschauer mit einzubeziehen, wirken die Darsteller unnahbar. Die Möglichkeiten sind jedoch da, dieses Gefühl im Verlauf der kommenden Vorstellungen herauszunehmen.
„Ronja Räubertochter“ am Theater Magdeburg nimmt das Publikum mit auf eine emotionale Achterbahnfahrt der Gefühle. Die kurzweilige Bühneninterpretation des Erfolgsromans von Astrid Lindgren vermittelt den kleinen Besuchern Werte und Tugenden, die für das Leben von großer Bedeutung sind. Dabei steckt das Ensemble die Besucher mit ihrer guten Laune an und sorgt mit seinen musikalischen Einlagen für den ein oder anderen Ohrwurm. Der Fantasie wird ebenso freien Lauf gelassen. Wer also kein Hosenschisser ist, sollte hier garantiert auf seine Kosten kommen.

Foto: Nilz Böhme
Tickets für die kommenden Vorstellungen sind unter http://www.theater-magdeburg.de oder an der Theaterkasse erhältlich.
Schöne Kritik, vielen Dank! 😊
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