Im Jahre 1989 inszenierte Peter Zadek die deutsche Erstaufführung von Alan Ayckbourns Erfolgsmeisterwerk „Ab jetzt“ am Theater am Kurfürstendamm. Unter seinen Assistenten befand sich damals Martin Woelffer, der heutige Intendant der Einrichtung. Rund 31 Jahre später ist er es, der das Stück erneut auf die Bühne der Komödie am Kurfürstendamm im Schiller Theater holt.
Der Komponist Jerome (Oliver Mommsen) ist total verzweifelt. Seitdem er vor fünf Jahren von seiner Frau Corinna (Nicola Ransom) und seiner Tochter Geain (Nellie Thalbach) verlassen wurde, fehlt ihm jegliche Inspiration für sein großes musikalisches Lebenswerk zum Thema Liebe. Doch plötzlich besteht Hoffnung, dass er und seine Ex sich das gemeinsame Sorgerecht teilen könnten. Um Eindruck bei ihr und Marvin (Joachim Paul Assböck) vom Jugendamt zu schinden, engagiert Jerome die Schauspielerin Zoe (Zoe Moore, die seine neue Verlobte und gleichzeitig die perfekte Hausfrau spielen soll. Doch es kommt alles ganz anders. Denn auf einmal modifiziert er den fehlerhaften Roboter GOU 300 F (Nicola Ransom/Zoe Moore) zu seiner neuen Lebensgefährtin…
Woelffer holt das in London angesiedelte Stück in die deutsche Hauptstadt und beweist dabei ein Händchen fürs Detail. Denn das Bühnenbild von Tom Presting, eine modern eingerichtete Single-Wohnung mit einem analogen Tonstudio, wirkt ebenso verspielt, wie die Handlung selbst. So auch die Kostüme von Beatrix Cameron und Claudia Töpitz, die aus einem bunten Mix zwischen den 80er Jahren und der Neuzeit variieren. Das nimmt zwar den Science-Fiction-Aspekt der Produktion ein wenig heraus, schadet allerdings in keiner Weise – ganz im Gegenteil! Denn wenn Woelffer eines mit seiner Regie-Arbeit zeigt, dann den Aspekt, dass Ayckborns Komödie nicht an Charme verliert – egal, wie sehr es dem neumodischen Stil angepasst wird oder eben halt auch nicht. Der raffinierte Humor gepaart mit bester Slapstick-Comedy kommt noch heute bei dem Publikum total gut an, die Gefallen an dem Genre finden. Doch vor allem lebt das Stück von der Situationskomik. Und die sorgt dafür, dass jede einzelne Aufführung zu etwas Besonderem für jeden Anwesenden auf, hinter und vor der Bühne wird.

Foto: Franziska Strauss
Besonders wichtig für solch eine Inszenierung ist vor allem die Besetzung. Schaffen die Protagonisten es nicht, eine bestimmte Sympathie oder Antipathie zu den Zuschauern aufzubauen, kann auch das Stück nicht gewinnen. Doch zum Glück hat auch hier Woelffer die richtige Wahl getroffen. Oliver Mommsen zeigt als Jerome gleich zwei völlig unterschiedliche Seiten. Zum Einen spielt er den einsamen Familienvater, der nichts lieber in seiner Welt hätte, als seine geliebte Tochter. Doch andererseits ist er so verbissen, sein musikalisches Lebenswerk zu verwirklichen und lässt dabei die Gefühle seiner Mitmenschen völlig außer Acht. Teilweise wirkt er selbst sogar so emotionslos wie eine Maschine. Dabei steht die Figur des 51-Jährigen durchgehend im Zwiespalt: Ist das Zusammenleben mit einem Menschen oder einem Roboter einfacher? Diese Szenerie verkörpert Mommsen sogar so stark, sodass er selbst beim Publikum eine gespaltene Reaktion hervorruft. Obwohl sich die Handlung hauptsächlich um den verzweifelten Komponisten dreht, steht eine Performance besonders im Vordergrund: nämlich die von Zoe Moore. Im ersten Akt verkörpert die Berlinerin eine Schauspielerin, die total überfordert mit ihrem Auftrag ist. Doch mit ihrer tollpatschigen Art und ihrem ständigen Redefluss spielt sie sich schon da in die Herzen der Zuschauer. Aber auch im zweiten Teil brilliert sie als neu programmierter Roboter. Während Moore anfangs wirklich den Anschein einer emotionslosen Maschine erregt, taut auch sie gegen Ende der Aufführung immer mehr auf, ohne dabei ihre Fassade gänzlich zum Bröckeln zu bringen. Ebenso Nicola Ransom, die ebenfalls in einer Doppelrolle auftritt. Während sie im ersten Akt die Rezipienten mit ihrer Interpretation des fehlerhaften Roboters zum Lachen bringt, zeigt sie im zweiten Teil als Jeromes Ex Corinna, wie leicht sie zu täuschen ist. Sie lässt sich von dem Apparat beeindrucken und zweifelt sogar an ihren mütterlichen Fähigkeiten. Dabei haben sie und ihr ehemaliger Liebhaber noch immer eine Gemeinsamkeit: Sie wünschen sich das Familienleben zurück.

Foto: Franziska Strauss
Zusätzlich mischt Joachim Paul Assböck aka Marvin das Geschehen noch mal ein wenig auf. Denn auch er lässt sich von Jerome gekonnt hinters Licht führen und fällt auf den Androiden herein. Trotz seines etwas verrückten Auftretens kann der Kölner beim Publikum punkten. So auch Nellie Thalbach, die als Geain in Erscheinung tritt. Obwohl die Enkelin von Katharina Thalbach recht kurz auf der Bühne steht, schafft sie es, einen bleibenden Eindruck zu hinterlassen. Vor allem ihre optische Verwandlung von ihrer Kluft, die an die Figuren des neusten „Mad Max“-Streifen erinnern, in eine ungewollte Prinzessin in Rosa sorgt für jede Menge Lacher. Trotz allem bleibt sie stets ihrer neuen Identität treu.
Nicht nur die schauspielerischen Leistungen bleiben im Gedächtnis, sondern auch die musikalischen Stücke, die während der Aufführung zu hören sind. So konnte sich der Nachwuchskomponist Michael Witte ziemlich austoben und zeigt, dass seine musikalischen Schwerpunkte nicht von ungefähr kommen. Denn zusammen mit elektronischen Klängen hat er Geräusche und Stimmen, die in der Produktion auftauchen, äußerst prägnant und harmonisch zusammengefügt, sodass sie im Nachhinein auch im Ohr bleiben.

Foto: Franziska Strauss
Bis zum 8. März wird das irrwitzige Meisterwerk des britischen Komödienaltmeisters Alan Ayckbourn in der Regie von Martin Woelffer in der Komödie am Kurfürstendamm im Schiller Theater zu sehen sein. Karten gibt es an der Kasse vor Ort sowie im Internet unter http://www.komoedie-berlin.de.