Von allen angehimmelt: Galgueras „Diva“ am Theater Magdeburg

Der Premierenabend der Ballett-Uraufführung von „Diva“ beginnt für viele Besucher mit einem Schock. Chefchoreograph Gonzalo Galguera höchst persönlich verkündet, dass Leah Allen, die eigentliche Titelrolle, aus gesundheitlichen Gründen die Rolle nicht tanzen kann. Stattdessen springt die russische Tänzerin Anastasia Gavrilenkova für Allen ein. Kann Gavrilenkova das Publikum trotzdem begeistern? 

Sobald man heute den Begriff „Diva“ gebraucht, schwingt meist eine etwas negative Konnotation mit. In den meisten Fällen wird eine Frau so bezeichnet, wenn sie einen Hang zu „Luxusproblemen“ hat und/oder ihre Nase ziemlich weit oben trägt. Eine Diva kann aber auch eine Ikone sein, die von anderen als perfekt und fehlerfrei angesehen wird, ohne erst einen triftigen Grund abzuliefern. Gonzalo Galguera beleuchtet in seiner Neukreation das Phänomen der Diva. Dabei zeigt er verschiedene Blickwinkel. Da ist z.B. die Diva selbst, die von Männern aufgrund ihrer Makellosigkeit angehimmelt wird. Sie erkennt, was für eine Wirkung sie auf das starke Geschlecht hat und inszeniert sich somit selbst. Sie schafft sich ihre eigene Bühne und genießt die Aufmerksamkeit um sich herum. Gavrilenkova tanzt die Diva anmutig, grazil und mit viel Feingefühl. Außerdem ist ihre Diva extrem wandelbar und extravagant. Einen großen Teil tragen vor allem die Kostüme von Stephan Stanisic bei, die von einem Hauch von Nichts bis hin zu funkelnden Abendroben reichen. Und obwohl Gavrilenkova wie die Diva in Perfektion und dadurch eine leichte Brise von Kälte versprüht, gibt sie sich in einigen Momenten ziemlich menschlich, emotional und sehnsüchtig nach einem normalen Leben abseits des Blitzlichtgewitters. Allein spürt man, wie leer und einsam sie in Wirklichkeit ist. Aber nicht nur die Diva selbst steht durchgängig im Mittelpunkt, sondern auch ihre Bewunderer bekommen Platz sich zu zeigen. Alle versuchen ihr zu imponieren und wollen von ihr beachtet werden. Es entsteht dennoch kein direkter Konkurrenzkampf, sondern eher ein Miteinander. Galguera inszeniert diese Szenen ebenbürtig die der Titelrolle und bringt nicht nur viel Schönheit, sondern auch leichte Erotik mit ins Spiel.

© www.AndreasLander.de
Spieglein, Spieglein an der Wand, ist Anastasia Gavrilenkova die begehrteste Diva im ganzen Land?; Foto: Andreas Lander

Ein klassisches Ballett in dem Sinne ist „Diva“ nicht. Bereits zu Beginn ertönen elektronische Klänge von Thomas Duda aus den Boxen, die ein wenig an den Soundtrack zu „Tron: Legacy“ erinnern. Diese Stücke wurden von Duda jedoch für das Stück komponiert. Genau diese neuen Elemente machen dieses Ballett zu einem besonderen und ausgefallenen Erlebnis. Es findet ein bunter Mix aus klassischen und neumodernen Musik- und Tanz-Stilen statt. Dabei lässt Galguera seine Tänzer nicht wie Clowns durch die Gegend springen, sondern versucht die Stilwechsel mit Akrobatik auszugleichen. Das gelingt ihm souverän.

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Alle wollen die Diva.; Foto: Andreas Lander

Wer ein Auge für das Schöne hat, der sollte „Diva“ auf keinen Fall verpassen. Dabei ist es egal, ob man ein Ballett-Fan ist oder nicht. Die Zeit vergeht wie im Fluge, wenn man gebannt auf die Akteure auf der Bühne schaut. Sie fesseln das Publikum nicht nur mit ihrem Können, sondern auch mit ihrer Ausstrahlung. Galgueras „Diva“ brilliert dazu auch noch mit wundervoll inszenierten Szenenbildern und einer passend von Christiane Hercher entworfenen Kulisse. Anastasia Gavrilenkova kann in jeder Hinsicht mit ihrer verletzten Kollegin Leah Allen mithalten und ist ein würdiger Ersatz. Der Zeitpunkt wird auf jeden Fall kommen, an dem auch Allen sich erstmals dem Magdeburger Publikum als Diva vorstellen darf.

 

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