Produktionen von Richard Strauss und Richard Wagner sind immer wieder auf dem Magdeburger Spielplan zu finden. Im jährlichen Wechsel wird die Neuproduktion einer Oper auf die Bühne gebracht. Dieses Jahr ist Strauss wieder an der Reihe. Auf dem Spielplan steht „Salome“. Für diese Neuinszenierung ist Regisseur Ulrich Schulz der richtige Mann. Aber er hat nicht nur den Regie-Posten übernommen, sondern auch gleichzeitig das Bühnenbild für den Einakter entworfen. Mag das wieder einmal ein gutes Zeichen für das Theater Magdeburg sein?
Der Prophet Jochanaan (Sangmin Lee) wurde von König Herodes (Manfred Wulfert) gefangen genommen. Als Herodes‘ Stieftochter Salome (Susanne Serfling) auf Jochanaan aufmerksam wird und ihm das erste Mal gegenübersteht, ist es um sie geschehen. Doch der Prophet verachtet die Tochter der Herodias (Ks. Undine Dreißig) und stößt sie von sich weg. Voller Enttäuschung lässt Salome sich von ihrem Stiefvater zu einem erotischen Tanz hinreißen. Als Dankeschön fordert sie den Kopf des Jochanaan, damit sie ihn ungehindert küssen kann.

Eine Geschichte, die auf eine biblische Erzählung basiert, könnte aktueller nicht sein. In einer Welt von IS-Terroristen und Frauen, die auf ihre Reize reduziert werden und wo auch immer wieder diskutiert wird, ob diese sich nicht lieber komplett verhüllen sollten, findet auch eine alte Geschichte ihre Parallelen. So wird auch das Bühnenbild, welches ebenfalls vom Regisseur Ulrich Schulz stammt, zeitgenössisch gestaltet. Die Kostüme von Esther Bialas stechen durch rockige, aber auch durch klassische Elemente hervor. Auch Bischofskostüme kommen zum Einsatz. Es entsteht ein bunter Mix aus Vergangenheit und Gegenwart. Man erkennt auch deutlich eine Abstufung der armen und reichen Schichten. Manchmal könnte man auch den Eindruck gewinnen, dass irgendwer aus einer Zeitmaschine gestiegen ist und entweder aus der Vergangenheit oder der Zukunft kommt – je nachdem, aus welchem Blickwinkel man alles betrachtet. Gewagt, aber es funktioniert, da es doch nicht so überheblich wirkt, wie es sich im ersten Moment anhören mag.

Die Besetzung ist schon fast ein Traum für eine Oper wie diese. Susanne Serfling könnte die Titelrolle nicht besser spielen oder gar singen. Sie wandelt sich nicht nur charakterlich, sondern auch gesanglich. Von gelangweilt, verliebt, enttäuscht und fordernd bietet sie ein breites Spektrum an, was ihre Stimme betrifft. Sie bleibt damit in den Köpfen der Zuschauer. Aber auch Sangmin Lee als Jochanaan brilliert mit einem starken und festen Klang. Er ist sich seinem Handeln stets bewusst und bleibt sich selbst treu. Beide könnten gegensätzlicher nicht sein; sind stimmlich wie Feuer und Wasser. Doch man merkt auch, dass Gegensätze sich anziehen – in dem Falle zumindest gesanglich. Manfred Wulfert und Ks. Undine Dreißig haben zwar als Herodes und Herodias eine große Präsenz, fallen aber mehr durch ihre Anwesenheit auf der Bühne auf, obwohl beide stimmlich sehr viel zu bieten haben.
Dafür packt der Generalmusikdirektor Kimbo Ishii als musikalischer Leiter vollkommen aus und lässt die Magdeburgerische Philharmonie in voller Pracht glänzen. Leider manchmal zum Leidwesen der singenden Kollegen auf der Bühne. Denn nicht alle Solisten können das Orchester übertönen, was manchmal etwas traurig ist, da man sich in gewissen Momenten als Zuschauer nicht den Übertiteln widmen möchte, wenn dann auch noch auf der Bühne viel los ist. Doch den lauten, sowie aber auch den ruhigeren Klängen der Musiker lauscht man gerne.

Insgesamt ist „Salome“ ein gewaltiger Einakter, der beim Magdeburger Publikum auf Begeisterung stößt. Für manche Besucher mag die ein oder andere Szene sogar leicht verstörend wirken. Doch was der Zuschauer zu sehen bekommt, ist in weiten Teilen pure Realität. Viel mag man eigentlich nicht verraten, da diese Oper ein absolutes Must-See ist und bestimmte Dinge auch nicht gespoilert werden sollten. Es wartet ein unvergesslicher Abend auf alle Opern-Freunde. So viel kann man sagen.