Abenteuer Bukarest: Mein Alltag in der Redaktion

Es war das erste Mal, dass ich total entspannt war, als ich in einen für mich fremden Betrieb kam. Schließlich kannte ich schon zwei meiner Kollegen. Aida und ich machten uns pünktlich auf den Weg, damit ich auch an der Redaktionssitzung teilnehmen konnte. Wäre ich nicht mit ihr gegangen, hätte ich die Redaktion der Allgemeinen Deutschen Zeitung für Rumänien (ADZ) sicher nicht gefunden. Gefunden vielleicht schon, aber ich hätte nicht geglaubt, dass sie es ist. Letztendlich standen wir vor einem Wohnhaus in einer ganz normalen Straße mit anderen Wohnhäusern. Nie im Leben wäre ich darauf gekommen, dass eine Zeitung sich dort versteckt. Aber mir fiel gleich auf, dass das Grundstück das einzige in der Straße war, welches einen gepflegten grünen Rasen besaß. Aida führte mich durch den Hof zum Hintereingang. Im unteren Büro empfingen mich die ersten Mitarbeiter. Ich gab ihnen meine Hand und stellte mich vor. Sie taten es mir gleich, nur ich vergaß relativ schnell die meisten Namen wieder, da es insgesamt drei Etagen gab und ich über zehn Leute bisher traf. Das war ziemlich viel auf einmal. Nachdem mir alle Etagen, Büros, Toiletten und die Küche gezeigt wurde, nahm ich im unteren Büro an dem großen Tisch Platz. Alle waren sehr freundlich und aufgeschlossen. Also war es gut, dass ich so entspannt war. Ich blätterte durch die Ausgabe vom vergangenen Samstag. Der Tisch füllte sich und irgendwann fing man an, über Themen zu reden, die auf der ersten Seite erscheinen sollten. Ich hörte gespannt zu und nach rund zehn Minuten war’s das auch schon. Meine Chefin war nur noch nicht da. Deswegen zeigte mir der stellvertretende Chef meinen zukünftigen Arbeitsplatz. Ich war nicht nur mit Aida in einem Büro, sondern auch mit zwei weiteren Frauen. Zuerst beschäftigte ich mich damit, die Zeitungen der vergangenen Woche zu studieren. In dieser Zeit erschien auch meine Chefin und begrüßte mich nochmal im Namen aller Mitarbeiter. Dann folgte ich ihr ins Büro. Wir sprachen darüber, was ich in den drei Monaten für Erfahrungen sammeln möchte. Letztendlich wurde mir gesagt, dass ich über das schreiben dürfe, wo ich meine, dass ich Ahnung von habe bzw. womit ich mich identifizieren könne. Von dieser Aussage träumt glaube jeder Journalist. Meistens muss man sich doch mit Dingen auseinandersetzen, für die man sich nur mäßig bis gar nicht interessiert. Ich verließ mit einem Lächeln das Büro und ging zurück an meinen Arbeitsplatz, wo ich mich sofort an die Recherche machte. Und ich war sofort im Schreibfieber. Ich war sogar so sehr in die Arbeit vertieft, dass Aida mich irgendwann bat, mit ihr gemeinsam nach Hause zu gehen. Angeblich hätte ich mich viel zu lange auf Arbeit aufgehalten. Aber wenn es sich nicht wie Arbeit anfühlt, sondern wie ein Hobby, was man voll und ganz ausleben darf?

Am nächsten Tag bekam ich eine Aufgabe, die ich neben meinen eigenen Texten erledigen sollte. Zusammen mit einem Kollegen würde ich jeden Dienstag die Deutschland-Seite und von Mittwoch bis Freitag die Ausland-Seite anfertigen. Er zeigte mir, wie das alles funktioniert und wo wir die Texte herbekommen. Alles easy. Ansonsten stand halt das Übliche an: recherchieren und schreiben.

Jeden Dienstag bin ich für die Deutschland-Seite der ADZ verantwortlich.

Mittlerweile sind vier Wochen vergangen und der Alltag hat sich eingeschlichen. Redaktionssitzung, Deutschland/Ausland, eigenständige Themensuche. Aber wenn ihr jetzt denkt, dass es mit der Zeit langweilig geworden ist, dann muss ich euch enttäuschen. Ich wache jeden Morgen mit einem Grinsen auf, weil ich mich freue, dass ich einen weiteren Tag in der Redaktion verbringen darf. Es kommen immer wieder spannende Themen rein, über die ich noch mehr herausfinden kann und letztendlich darüber schreibe. Sowie die Deutschland- als auch die Ausland-Seite mache ich noch immer zusammen mit meinem Kollegen. Ich arbeite vor und wir perfektionieren das Ganze noch gemeinsam. Es ist jedes Mal auf’s Neue unterhaltsam. Wenn auch noch interessante Veranstaltungen anstehen, dann besuche ich diese und verfasse ebenfalls einen Bericht. In der ganzen Zeit wurde mir nicht einmal vorgeschrieben, dass ich über irgendwas schreiben soll, wovon ich nichts verstehe. Ich werde als eigenständige Redakteurin und nicht als Praktikantin behandelt. Dieses Gefühl wünsche ich jedem Auszubildenden. Solch‘ einen Betrieb findet man nicht an jeder Ecke. Und das macht mich unglaublich glücklich, dass ich mich hier so wohl fühle. Das liegt auch an dem herrlichen Klima, was alle anderen Redakteure ausstrahlen.

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Die Ausgabe vom 01. April enthielt einen Aprilscherz, der von mir verfasst wurde.

Fast täglich erscheinen Artikel von mir in der ADZ. Das ist für mich neben dem Feedback, welches ich von den anderen im Haus kriege, eine Bestätigung, dass ich meine Arbeit gut mache. Mein bisher unterhaltsamster Artikel entstand am 31. März. Wir arbeiteten an der Ausgabe für den 01. April. Bei der Redaktionssitzung wurden wie immer die Themen besprochen, die auf die erste Seite kommen sollten. Während ich irgendwann an der Ausland-Seite arbeitete, kam der stellvertretende Redaktionsleiter zu mir und meinen Kolleginnen ins Büro und fragte, ob jemand Fake News für den 01. April parat habe. Jedes Jahr würde in der Zeitung ein Artikel erscheinen, der als Aprilscherz gelten soll. Da niemand eine Idee hatte, machte ich mir darüber Gedanken, was sich gut dafür eignen würde. Irgendwann ging mir ein Licht auf. Ich schloß die Seite vom Ausland und schrieb meine Idee in ein Text-Dokument. Dann lief ich hinauf zum stellvertretenden Redaktionsleiter und gab ihm einen Zettel, wo er meinen Artikel ausfindig machen konnte. Etwa eine Stunde später kam er zu mir hinunter und teilte mir mit, dass diese Nachricht gedruckt werden würde. Das Ende von der Geschichte: Die ganze Redaktion fand meinen Beitrag äußerst amüssant und meine Familie und Freunde in Deutschland kauften mir diesen wirklich ab. Und alleine diese Aktion zeigt mir auch wieder, wie cool es hier eigentlich ist.

Fazit: Ein besseres Praktikum im Ausland hätte ich wohl nicht finden können. Für mich ist es ein Jackpot, den ich geknackt habe. Ich wurde positiv überrascht und hier merke ich auch, wie interessant es eigentlich ist, wenn man bei einer Tageszeitung arbeitet. Um ehrlich zu sein, habe ich sogar schon mit den Gedanken gespielt, dieses Praktikum um einige Wochen zu verlängern. Aber dann denke ich wieder an Magdeburg, an meine Familie und Freunde, mit denen ich im Sommer so viel geplant habe. Deswegen genieße ich die restliche Zeit bei der ADZ und werde in Zukunft dann ganz viel von meinem Auslandspraktikum zu erzählen haben.

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