Der Soundtrack meines Lebens: Welche Erlebnisse ich mit bestimmten Tracks verbinde

Jeder kennt das Phänomen. Man sitzt beispielsweise im Auto, hört Radio und auf einmal läuft dieser eine Song, der eine bestimmte Erinnerung in einem weckt. Sofort schießen einem jene Bilder durch den Kopf, mit denen man genau diesen Track verbindet. Ich habe ständig solche Momente und lasse mich dann auch gerne mal von einer leichten Nostalgie überschwemmen. In diesem Blogbeitrag möchte ich einige Lieder mit den dementsprechenden Anekdoten mit euch teilen – von amüsanten Ereignissen bis hin zu traurigen Zeiten.

ABBA – „Dancing Queen“

Frühling 2003. Ich wollte mich an Fasching unbedingt als Vanessa Struhler, bekannt aus der ersten Staffel von „Deutschland sucht den Superstar“, verkleiden – zumindest wollte ich ihren Style aus der 80er-Jahre-Mottoshow kopieren. Dank Klamotten aus dem Schrank meiner Mutter war das kein Problem. Aber die Sängerin inspirierte mich mit ihrem Auftritt nicht nur modetechnisch. Da meine Grundschule eine kleine Faschingsveranstaltung plante und eine Art „Mini Playback Show“ stattfinden sollte, entschied ich mich dazu, zu „Dancing Queen“ zu performen, so wie es Vanessa im Fernsehen auch getan hatte. Dazu studierte ich sogar eine eigene Choreografie ein. Während die meisten Schüler an jenem Tag zum „Ketchup Song“ oder dem „Steuer Song“ die immer gleichbleibende Performance hinlegten (gut, zum ersten Titel tanzte ich auch mit zwei meiner Klassenkameradinnen), entschied ich mich dazu, mit jenem Kulthit der schwedischen Popgruppe aus der Reihe zu tanzen. Allein. Und ja, ich war unfassbar nervös. Aber ich zog mein Ding durch. Und was nach meiner Darbietung geschah, hab ich wirklich absolut nicht kommen sehen. Als ich wieder zu meinem Platz ging, hörte ich nur, wie fast die kompletten Klassenstufen, also 1 bis 4, eine Zugabe von mir forderten. Glücklicherweise blieb mir die erspart. Ende vom Lied: Ich kleine Rampensau ging als Siegerin des Wettbewerbs aus der Turnhalle.

Modern Talking – „You’re my heart, you’re my soul“

Eigentlich müsste ich hier jeden einzelnen Track des ehemaligen Popmusik-Duos aufzählen. Aber das würde hier eindeutig den Rahmen sprengen. Jedenfalls muss ich jedes Mal, wenn ich ein Lied von Thomas Anders und Dieter Bohlen höre, an das Schlafzimmer meiner Mutter denken, als ich noch ein Kind war. Die Wände waren nämlich mit den Gesichtern der beiden Musiker volltapeziert. Direkt im nächsten Augenblick muss ich aber auch an meine allererste Konzerterfahrung zurückdenken, denn diese sollte ich bei keinen Geringeren als bei diesen zwei Künstlern sammeln. Ich, gerade einmal süße sechs Jahre jung, saß in der ersten Reihe auf der Schulter eines fremden Mannes, während Thomas und Dieter immer wieder mit mir schäkerten. Toll war es – und vor allem unvergesslich!

Bruce Springsteen – „Streets of Philadelphia“

Sommer 2008 herrschte einfach fast durchgehend Freibadwetter. Da es aber in Halberstadt keins gab, fuhren meine Freunde und ich immer ins Nächstgelegene nach Derenburg. Die Touren dauerten zwar nicht länger als eine Viertelstunde, aber auf meinen MP3-Player lief dieser Track in Dauerschleife. Ein noch besseres Feeling gab es, wenn ich die Fensterscheibe runterkurbeln durfte und der Wind durch meine Haare streifte. Purer Genuss.

Jan Plewka – „Was dich so verändert hat“

Erstmals hab ich den Song im Abspann von Dennis Gansels Verfilmung von „Die Welle“ wahrgenommen. Und die Lyrics sollten mich noch bis zu meinem Schulabschluss begleiten. Dadurch, dass ich seit der fünften Klasse fast immer eine Digitalkamera mit mir herumtrug, sind dementsprechend auch viele Fotos und Videos entstanden, die sich gut dafür eigneten, die Schulzeit für alle meine Mitschüler auf einer DVD festzuhalten. 2010 realisierte ich also meine allererste große Produktion, die insgesamt 45 Minuten ging. Und dreimal dürft ihr raten, welchen Song ich für den Abspann verwendet habe! Fand halt die meisten Zeilen ziemlich zutreffend auf all die Erlebnisse der vergangenen Jahre.

All Saints – „Pure Shores“

Ihr werdet euch bestimmt schon gefragt haben, wann oder ob es auch ein Lied gibt, zu dem es eine wilde Knutscherei gab. Et voilà! Die Details möchte ich allerdings für mich behalten.

Birdy Nam Nam, Skrillex – „Goin‘ in (Skrillex Goin Down Remix)“

Ich habe diesen Remix erstmals im Film „Spring Breakers“ wahrgenommen. Da einer meiner damaligen Kumpels ein Auto mit einer extrem krassen Bassbox fuhr und er den Klang dieses Tracks in seinem Wagen auch ziemlich gut fand, wurde dieser über ein Jahr sehr häufig in Dauerschleife gespielt. Deswegen ist es für mich nach wie vor ein Muss, wenn ich bei jemanden mitfahre, der ein ausgeprägtes Soundsystem in seiner Karre hat, dieses Musikstück zu spielen.

Drake – „Hotline Bling“

Wir schreiben den 31. Dezember 2015. Es war mein erstes Silvester nach sieben Jahren, dass ich nicht am Brandenburger Tor feierte, sondern mit meinem langjährigen Buddy Chris und anderen Freunden im Prinzzclub in Magdeburg. Zum Vorglühen ging es zu einem Kumpel. Dort spielte uns der Gastgeber das Musikvideo zu „Hotline Bling“ vor, welches ich bis zu diesem Zeitpunkt noch nicht gesehen hatte. Aber der Ohrwurm ließ nicht lang auf sich warten. Als wir später Richtung Club ziehen wollten, mussten wir den Wohnungseigentümer schweren Herzens zurücklassen, da er sich nicht wohlfühlte. Angekommen im Club schlug es auch wenige Minuten später 12. Happy New Year! Wir tanzten ausgelassen und hatten Spaß. Etwa drei Stunden später legte der DJ jenen Track auf, den wir wenige Stunden zuvor noch in der Wohnung unseres Kumpels feierten und der sich trotz der laufenden Musik noch immer in unserem Gedächtnis befand. Und es folgte einer dieser Momente, die man sonst nur aus Filmen kennt. Denn plötzlich betrat jener Mann die Feierstätte, den ich kurz vorm Jahreswechsel noch zu Bett gebracht habe – und zwar so, als wäre ihm nie übel gewesen. Und ich lehne mich jetzt einfach mal ganz weit aus dem Fenster und behaupte sogar, dass jeder einzelne von euch diese Person aus einem sehr bekannten Film kennt.

Trailerpark – „Bleib in der Schule“

Fast jeder Studi kennt sie: die feuchtfröhlichen Hauspartys. Auch ich glänzte auf einigen Feiern mit meiner Anwesenheit. Ein Track lief ausnahmslos immer – und zwar der oben genannte. Jedes Mal, wenn der Song durch die WGs schallte, rappte und vor allem sang jeder den Refrain mit. Zumindest versuchte es jeder, denn je nach Pegel variierten die unterschiedlichen Tonlagen und die Verständlichkeit des Textes. Es glich schon fast einem Musical, denn jeder Anwesende steckte enorm viel Energie in seine eigene Performance. Mich wundert es bis heute, dass die Nachbarn der jeweiligen Gastgeber nach diesen Darbietungen nie die Polizei angerufen haben…

Carla’s Dreams – „Pâna la sânge“

Dienstag, der 09. Mai 2017. Europatag. Bezüglich dieser Feierlichkeit wurde ein Straßenfest mit einem musikalischen Bühnenprogramm in Bukarest veranstaltet. Und mittendrin war ich. Neben Performances von Inna, Morandi und Antonia und dem einmaligen Comeback von O-Zone trat auch die moldauische Gruppe Carla’s Dreams auf dem Event auf. Die Musik war mir nicht ganz unbekannt, denn meine Mitbewohnerin zeigte mir zuvor einige Musikvideos der Band und ich fand die Mucke ziemlich gut. Als der oben genannte Titel performt wurde, den ich bis zu diesem Tag noch nicht gehört hatte und nur wenige Brocken auf Rumänisch verstand, liefen mir automatisch die Tränen. Ich fühlte den Schmerz in der Stimme des Sängers und seine Emotionen trafen mich mitten ins Herz. Es fühlte sich so an, als würde er über eine unerwartete Trennung singen, die er sich nicht so ganz erklären kann. Einen Tag später suchte ich nach der deutschen Übersetzung des Liedes und ich musste feststellen, dass ich mit meiner Vermutung richtig lag und fast jedes Wort unbewusst verstand, was dort gesungen wurde. Anschließend konnte ich mir auch erklären, warum ich so emotional auf diese musikalische Darbietung reagierte: Ich machte genau das durch, was in dem Track thematisiert wurde.

French Montana feat. Swae Lee – „Unforgettable“

Während meiner Zeit in Rumänien wurde ich auf diesen Hit aufmerksam. Der Dancefloor gehörte mir, sobald dieser Track in den Clubs gespielt wurde. In meiner Vorstellung war es der perfekte Song für mich und einen Freund, mit dem ich regelmäßig die Tanzflächen in Magdeburg unsicher machte. Tief in mir wuchs der Wunsch eines Tages mit ihm zu diesem Lied hemmungslos abzugehen. Doch hierbei handelte es sich um genau die Person, die sich gerade aus unerklärlichen Gründen von mir entfernte und wegen der ich einen thematisierten Song zuvor so emotional reagierte. Also verdrängte ich diesen Wunschgedanken schnell wieder, weil es zunächst nicht danach aussah, dass es in dieser Angelegenheit ein klärendes Gespräch geben würde, wenn ich zurück in Deutschland bin. Drei Monate nach meiner Rückkehr verabredete ich mich mit Freunden zu einem Tanzabend in der Baracke. Jener Ex-Vertraute war ebenfalls mit von der Partie, da wir den gleichen Freundeskreis hatten. Da es ein paar Wochen zuvor schon das ein oder andere cringige kurze Wiedersehen gab, war es für mich okay, mit ihm abzuhängen. Nur er konnte seine Nervosität nicht sonderlich gut verbergen. Um den Abend kurz zusammenzufassen: Nach anfänglichen Tanzabständen von drei Metern waren zwischen uns irgendwann nur noch gefühlte zehn Zentimeter und es fühlte sich so an, als hätte nie etwas zwischen uns gestanden. Zum krönenden Abschluss spielte der DJ auch noch „Unforgettable“ und es war noch viel besser, als ich es mir in meiner Fantasie ausgemalt habe. Und ja, es gab auch wenige Tage später ein klärendes Gespräch.

Trettmann – „Billie Holiday“

Eigentlich hätte ich auf mein Bauchgefühl hören sollen, aber mein Herz hat mir im Sommer/Herbst 2018 etwas anderes gesagt. Ich wollte nach meinem Studium unbedingt einen Vollzeitjob in Magdeburg bekommen, da ich mich wirklich verdammt wohl in dieser Stadt fühlte. Dort lebten die meisten meiner Freunde, dort konnte ich bei jedem Heimspiel meines geliebten 1. FC Magdeburg dabei sein und meine Zusammenarbeit mit dem Theater Magdeburg war einfach wundervoll. Das wollte ich um keinen Preis hinter mir lassen und war natürlich überglücklich, als ich dann auch eine feste Arbeitsstelle in der Domstadt erhielt. Doch meine Freude war nur von kurzer Dauer. Denn ich merkte recht schnell, dass ich meine Kreativität und meine Leidenschaft für journalistische Arbeiten drosseln und auf ein Minimum herunterschrauben musste, obwohl ich als Redakteurin angestellt war. Und dazu kündigten sich auch noch räumliche Veränderungen meines Freundeskreises an. Während ich morgens und nach Feierabend in der Straßenbahn saß, lief jener Track meistens in Dauerschleife, den ich zuvor bei einem meiner Lieblingsfußballer in seiner Instagram-Story entdeckt hatte. Trettis Worte ließen mich irgendwann wachrütteln. Falls es noch jemand nicht mitbekommen haben sollte: Ich bin weitergezogen – und zwar nach Berlin.

Kummer – „Ganz genau jetzt“

Am Abend des 10. Oktobers 2019 ging ich früh zu Bett. Die vergangenen 24 Stunden waren sehr nervenbelastend für mich. Mein Ziel war es, Kraft zu tanken, da ich am nächsten Tag nach der Arbeit nach Halberstadt fahren wollte, um ein letztes Mal bei meiner Oma zu sein. Denn ihr blieb nicht mehr viel Zeit. Als dann aber um kurz nach 21:35 Uhr mein Smartphone klingelte und ich sah, dass meine Mutter mich anrief, wusste ich ganz genau, welche Nachricht mich ereilen wird. Und ich sollte mit meiner Vermutung recht behalten. Es folgte eine schlaflose Nacht und mein Körper rief nach dem Aufstehen alle Mechanismen automatisch ab und ich schaffte es aus unerklärlichen Gründen, mich für die Arbeit herzurichten. Ich stand völlig unter Schock und konnte nicht realisieren, dass ich den wichtigsten Menschen in meinem Leben nie wiedersehen würde. Und dass die Zeit erbarmungslos ist. Als ich in den Schienenersatzverkehr stieg, steckte ich meine Kopfhörer in mein Ohr und wollte mir das Debütalbum von Kummer anhören. Der oben genannte Titel war seltsamerweise der erste, den ich hörte. Und kein Track hätte meinen Gemütszustand in diesem Moment besser zusammenfassen können, auch wenn die Interpretation des Künstlers mit Sicherheit eine andere ist. Aber Felix lag einfach vollkommen richtig: „Denn alles, was noch kommt, ist nur der Rest.“

The Midnight – „Dance with somebody“

Um abschließend wieder ein paar positive Emotionen zu wecken, möchte ich noch einen äußerst aktuellen Song mit euch teilen. Denn dieses Musikstück hat ein Internetfreund von mir in seiner Instagram-Story empfohlen, bevor ich überhaupt das neue Album der amerikanischen Synthwave-Band hören konnte. Aber mir gefiel sein Geschmack und deswegen kam dieser Song auch in eine meiner Playlists. Doch das ist noch nicht alles. Denn unerklärlicherweise erreichen mich die meisten Mitteilungen von diesem Kumpel, wenn dieses Lied gerade bei mir zufällig läuft. Eine Sache steht für mich fest: Wenn es die Zeit irgendwann zulässt, dann ist ein kleines Tänzchen zu diesem wundervollen musikalischen Werk mit diesem Mann fällig!

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